09.06.2020

Ferdinand von Bayern

Kurfürst und Erzbischof von Köln stirbt im Arnsberger Schloss am 13. September 1650

Am 13. September 1650 starb im Schloss zu Arnsberg einer der mächtigsten Fürsten des alten Reiches, der Kurfürst und Erzbischof von Köln Ferdinand (*6.X.1577 in München) Herzog von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein etc. Herzog von Engern und
Westfalen und Herr des Vestes Recklinghausen, außerdem Fürstbischof von Hildesheim, Lüttich, Münster und Paderborn, weiterhin Fürstpropst von Berchtesgaden und Fürstabt von Stablo und Malmedy etc.

In Rubrik: Historisch | Aus Magazin Nr: 160

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Wer war dieser Mann, der mehr 50 Jahre die Geschicke des Kurfürstentums durch die Zeit des 30-Jährigen Krieges bestimmt hat? Geboren als 3. Sohn von Herzog Wilhelm V. von Bayern (1548 -1626) und seiner Frau Renata von Lothringen (1544 -1602) war er schon früh für eine geistliche Laufbahn bestimmt worden, genauso wie sein ein Jahr älterer Bruder Philipp Wilhelm (1576 - 1598), der schon im Alter von 3 Jahren Fürstbischof von Regenburg und mit 20 Jahren Kardinaldiakon wurde. Ferdinand kam zusammen mit seinem Bruder 1587 auf des Jesuitengymnasium nach Ingolstadt. Die jesuitische Erziehung hat seine spätere gegenreformatorische Haltung stark geprägt. Schon im Kindesalter besaß er verschiedene Domherrenstellen, d.h. er erhielt Bezüge aus Haushalten der verschiedenen Domkirchen, ohne auch dort präsent sein zu müssen, dazu musste man noch nicht einmal Priester sein oder auch nur die niederen Weihen empfangen zu haben. So war er Domherr in Mainz, Passau, Salzburg, Straßburg, Trier, Würzburg und Köln, wo er die Nachfolge seines Onkels Ernst (*17.XII.1554 in München; †17.II1612 im Schloss von Arnsberg) als Erzbischof antreten wollte. Ernst hatte seinen Vorgänger Gebhard Truchsess von Waldburg (1547-1601, der Priester und geweihter Bischof war, 1583 abgelöst, als dieser zum Protestantismus übertrat und Agnes von Mansfeld (1551-1637) heiratete, und deshalb seines Amtes als Erzbischof enthoben worden war. Der Erzbischof von Köln Ernst von Bayern, der zuletzt auch Fürstbischof von Freising, Hildesheim, Lüttich und Münster war und außerdem Fürstabt der Reichsabtei Stablo-Malmedy, war kein Priester, er war sogar heimlich verheiratet mit Gertrud von Plettenberg (*??; †26.X.1608 in Arnsberg), mit der er einen Sohn und eine Tochter hatte. Der Herzog Wilhelm von Bayern hatte viel Geld in die Wahl seines Bruders zum Erzbischof von Köln investiert, aber Ernst war wohl kein guter Haushalter, so erklärte sich das Domkapitel bereit, Ferdinand als Koadjutor zu akzeptieren, wenn der Herzog die Kosten für die Hofhaltung seines Sohnes und einen Teil der Schulden seines Bruders Ernst übernimmt. So wurde Ferdinand 1595 im Alter von 18 Jahren faktisch der Regent des Kurfürstentums Köln, bis auf das Recht der Königswahl als Kurfürst, das Ernst bis zu seinem Tode sich vorbehielt. Der zog sich nach Arnsberg zurück, widmete sich der Jagd und der Alchemie: Das heutige Sauerland – Museum, den später Landsberger Hof, schenkte er 1605 Gertrud von Plettenberg, seiner Frau, die offiziell als „Beschließerin“ der Schlösser Hirschberg und Höllinghofen genannt wurde. Ferdinand hatte sich inzwischen in Rom aufgehalten (1592/93) und war 1594, nachdem er zuvor Koadjutor war, zum Fürstpropst von Berchtesgaden ernannt worden. Ein Koadjutor ist im kirchlichen Sinne ein Art Führungsgehilfe z.T. mit dem Recht auf Nachfolge. 1599 wurde er auch Koadjutor in der Abtei Stablo – Malmedy,

1601 im Bistum Lüttich und 1611 für die Bistümer Hildesheim und Münster. Sein ältester Bruder Maximilian war regierender Herzog von Bayern, seine Schwester Maria Anna war mit Kaiser Ferdinand verheiratet. Als der Onkel Ernst 1612 im Schloss von Arnsberg starb, wurde Ferdinand Erzbischof und Kurfürst von Köln, dann auch Fürstbischof von Münster, Lüttich und Hildesheim. Nachdem der Fürstbischof von Paderborn Dietrich (auch Theodor) von Fürstenberg (7.X.1546; †4.XII.1618), der von der Burg Waterlappe bei Ense-Bremen stammte, in Schloss Neuhaus gestorben war, wurde er auch Fürstbischof von Paderborn. Ferdinand war nie zum Priester geweiht worden, ja hatte noch nicht einmal die niedrigen Weihen empfangen. Dafür werden meist dynastische Gründe angegeben, denn der älteste Bruder Maximilian und Nachfolger seines Vaters war in seiner ersten Ehe kinderlos geblieben, erst nach dem Tode seiner Frau, wurde in der zweiten Ehe 1636 der ersehnte Nachfolger geboren, damit war der Bestand der Familie und der Herrschaft gesichert, aber Ferdinand blieb Laie. Da drängt sich Frage auf: Wie konnte er die verschiedenen kirchlichen Aufgaben bewerkstelligen? Das ging nur durch Mithelfer: Weihbischöfe und Generalvikare, die die kirchlichen Angelegenheiten regelten, für die man geweihter Priester oder Bischof sein musste. Der für unsere Gegend bedeutendste war der früher beschriebene Titularbischof von Gardika, der aus Sundern-Hachen stammende Paderborner Weihbischof Bernhard Frick (um 1600; †31.III.1655 in Paderborn), der im Auftrag des Kölner Erzbischofs Ferdinand, der ja zugleich Fürstbischof von Paderborn war, die kirchliche Reorganisation am Ende des 30-Jährigen Krieges im westfälischen Teil des Kurfürstentums Köln durchführte, weil die erforderliche Reisetätigkeit in den unsicheren Zeiten von Paderborn aus besser durchzuführen war. Eine weitere Frage kann nicht so einfach beantwortet werden: Warum wurde diese Art von Ämterhäufung zugelassen, obwohl das vom Konzil in Trient ausdrücklich verboten war? Die gängige Begründung heißt, dass man sich mit großen Territorien von katholischer Seite besser gegen den Protestantismus behaupten könne. Das mag z.T. stimmen, aber andererseits brauchte man für die damalige aufwändige Hofhaltung große Gebiete, um überhaupt die nötigen finanziellen Mittel zu erlangen. Die weltliche Verwaltung der einzelnen Territorien wurde von Statthaltern geleistet, im Herzogtum Westfalen von einem Landdrosten. Bis 1612 gab es in Westfalen keinen solchen Verwaltungschef mehr, nachdem der Graf Eberhard zu Solms-Lich (11. II.1530) am 30.VI.1600 im Hirschberger Schloss gestorben war, denn seit 1595 lebte ja der offizielle Landesherr in Arnsberg. Nach dem Tod Ernsts von Bayern musste wiederum ein Landdrost ernannt werden, und die Wahl fiel auf den Bruder des Paderborner Fürstbischofs Dietrich Kaspar von Fürstenberg (11. XI.1545; †5.III.1618 in Arnsberg), der ebenfalls von der Burg Waterlappe stammte, der aber auf Grund seines Alters und seiner Gichterkrankung bald um Entlassung bat. Danach ernannte Ferdinand 1618 seinen Vetter, den Sohn des Erzbischofs Ernst und der Gertrud von Plettenberg, Wilhelm von Bayern, Reichsfreiherr (1615 vom Kaiser ernannt) von Höllinghofen (unbekannt; †10.II.1657 auf Schloss Höllinghofen) zum Landdrosten, der sich aber wenig um das Land kümmerte und meist auf Reisen in Italien und Spanien war. Er konnte zwar 1623 einen Streit zwischen der Abtei Wedinghausen und der Stadt Arnsberg schlichten, aber er legte 1624 sein Amt nieder und begab sich wieder auf Reisen. Ihm folgte Friedrich von Fürstenberg (1.III.1576 auf Burg Bilstein; †9.VIII.1646 in Bonn) nach, der Sohn des Kaspar von Fürstenberg, dann 1649 Daniel Dietrich von Landsberg zu Erwitte (um 1615/18; †15.XI.1683 in Arnsberg). Als Erzbischof und Kurfürst förderte Ferdinand die Jesuiten, auch die Kapuziner und andere neuere Orden. Er kümmerte sich um innerkirchliche Reformen, 1614 gab er für Kurköln eine Gottesdienstordnung heraus, die die kirchlichen Handlungen umfasste, 1615 gründete er ein Priesterseminar, 1618 wurden das Brevier und 1628 das Missale neu herausgegeben. Ähnliche Maßnahmen folgten in den anderen Territorien. Er setzte sich für die Gegenreformation ein, obwohl er selbst dem Ideal, das im Tridentinischen Konzil festgelegt war, nicht entsprach, denn er war kein Priester und begeisterter Jäger obendrein, aber dennoch ging er mit aller Strenge gegen verheiratete Priester vor oder solche, die mit einer Frau zusammenlebten, und das waren nicht wenige. Er verfasste 1607 eine Hexenprozessordnung, die 1628 überarbeitet und dahin verschärft wurde, dass die Maßnahmen der Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. in Bezug auf die Folter der Angeklagten erleichterte, besonders auch durch den Einsatz von Hexenkommissaren, die nicht nur als Berater der Richter fungierten, sondern auch an den Prozessen verdienten, am meisten bei Verurteilung der/der Angeklagten. Relativ zur Einwohnerzahl war im kurkölnischen Westfalen die Zahl der Verurteilten sehr hoch. Allein zwischen 1626 – 1631 fanden nachweisbar 574 Prozesse statt. Da einige Aktenbestände (z.B. vom Ruhramt in Arnsberg) als vernichtet angesehen werden müssen, liegt die tatsächliche Zahl noch höher. Der 30-Jährige Krieg tobte in der Zeit, gegen dessen Ende der Kurfürst Ferdinand sich zusammen mit einem anderen Verwandten Franz Wilhelm Kardinal Reichsgraf von Wartenberg (1.III.1593 in München; †1.XII.1661 in Regensburg) erfolgreich um Verhandlungen bemüht, die dann wirklich zum Frieden von Münster und Osnabrück führten. Dieser war nun wirklich Priester und geweihter Bischof, Fürstbischof von Osnabrück und Regensburg und Verwalter der Diözesen Minden und Verden, außerdem war er von 1621 – 1640 kurkölnischer Premierminister. 1642 wurde Ferdinands Neffe Maximilian Heinrich von Bayern (*8.XII.1621 in München; †5.VI.1688 in Bonn), Sohn seines jüngsten Bruders Albrecht, zum Koadjutor für des Kurfürstentum ernannt, auch für Hildesheim (1643) und Lüttich (1649), der ihm auch 1650 als Erzbischof folgte. Ferdinand verstarb im Arnsberger Schloss am 13. September 1650 und wurde im Kölner Dom vor der Kapelle der Heiligen Drei Könige beigesetzt.